Nördliche Sporaden mit beinahe Katastrophe

Gegen sechs Uhr verlassen wir die Bucht Agnontas und fahren der aufgehenden Sonne entgegen nach Nordosten.

Leider ist kein Wind da. Wir tuckern gemütlich unter Maschine und genießen den Ausblick.

Zur Mittagszeit erreichen wir die Planitis Harbour, eine traumhaft schöne Bucht im Norden von Panagia.

Die Einfahrt ist nur 80m breit. Dahinter öffnet sich eine großer Naturhafen.

Ganz hinten finden wir einen Teil der kleinen Flotte. Wir waren offensichtlich nicht die Einzigen, welche die Etappe hierher selbst gestaltet haben. Wir suchen uns einen Platz in der Nähe der anderen Schiffe.

Auf 8m Wassertiefe senken wir den Anker und stecken 30m Kette. Mit beiden Maschinen im Rückwärtsgang graben wir den Anker fest ein. Motore aus – himmlische Stille. Unser Kühlschrank spendiert eine eiskalte Schorle.

Später schwimme ich ein paar Runden ums Schiff während Martina im Schiff räumt.

Unser Signalhorn funktioniert schon seit Sizilien nicht mehr. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, mich auf die Fehlersuche zu machen.

Ich bin tief in die Schaltung versunken und versuche zu ergründen, woher die 9,3 Volt kommen, die ich über dem Horn messe. Als ein spitzer Schrei die Bucht aufweckt. Dem Schrei folgt ein leicht panisches Fritz-Fritz-Fritz.

Im Wasser schwimmt Martina und leicht abgekoppelt daneben ihr linker Arm. Sie war etwas unkonzentriert ins Wasser geköpft und hat sich den Arm ausgekugelt.

Durschschnaufen, Ruhe bewahren. Wie bekommen wir Sie bei den Schmerzen wieder an Bord? Sie sagt, es tut am wenigsten weh, wenn der Arm nach oben zeigt. Ich springe ins Wasser, binde Ihre linke Hand an eine Leine und krabbel damit wieder an Deck. Jetzt kann Tina mit einer Hand die Leiter hoch klettern, während ich den linken Arm an der Leine hochziehe. Ein Spaß war das nicht. Zehn Minuten später lag sie im Cockpit. Und jetzt? Wie bekommen wir den Arm wieder eingekugelt?

Über UKW Kanal 73 rufe ich alle Schiffe in der Bucht. Erzähle etwas von ausgekugeltem Arm und frage, ob jemand uns helfen kann. Ich bekomme schnell eine Antwort, die ich nur teilweise verstehe. „… he is a doctor. I will call him …”. Also abwarten. In den nächsten Minuten beobachte ich, wie auf zwei Schiffen die Beiboote fertig gemacht werden. Zehn Minuten später sind beide Boote da. Eines mit Hanneke aus Holland, Physiotherapeutin. Im anderen ist Zafer, unser Kommodore. Er ist Arzt, wie wir jetzt erfahren. Noch nie haben wir Menschen so auf unserem Schiff willkommen geheißen wie diese beiden..

Ein kurzes Vorgespräch, „… Sie müssen in ein Krankenhaus… Das ist zu weit und wie … Einrenken ist sehr schmerzhaft … Das wird es in der Klinik auch sein …Also gut, ich werde es versuchen… Aber wir müssen sie rum drehen, damit ich richtig ziehen kann … „, klärt die Lage.

Zafer macht die Griffe richtig gut. Wenige Sekunden später ist der Arm wieder im Gelenk. Einige leider schmerzvolle Wochen der Erholung werden folgen.

Die Reise ist gerettet. Wir können weiter segeln. Das Schiff beherrschen wir auch mit eingeschränkter Kraft.

Zumal das Meer am nächsten Tag sehr ruhig ist.

Wir sind Zafer und Hanneke sehr dankbar für Ihre Hilfe. Wieder einmal erlebten wir, dass Segler allermeistens gebildete und gleichzeitig handfeste Menschen sind.

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fjweber

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